Wenn man einen Importhund aus Süd- oder Osteuropa besitzen möchte, dann besteht immer das Risiko einer Leishmaniose. Der folgende Aufsatz möchte sachlich-objektiv über den Hintergrund informieren und parallel dazu einen eigenen Erfahrungsbericht stellen. Wenn Ihr etwas über mich erfahren möchten, dann schaut unter www.doc-jubu.de rein.
Bei der caninen Leishmaniose handelt es sich um eine relevante Zoonose, die in etwa 70 Ländern weltweit endemisch ist. Empfänglich sind Hund, Mensch, Katze, Nagetier, Pferd und Rind.
Sie ist eine parasitäre Infektionserkrankung, die durch Leishmania-Arten (Leishmania infantum in Europa) hervorgerufen und überwiegend von Sandmücken (Phlebotomus spp.), einer Unterart der Schmetterlingsmücken, übertragen wird. Allerdings sind auch andere Übertragungswege bekannt. Phlebotomus ist nachtaktiv, lebt in ländlichem Raum in milden Klimazonen auf 100-800 m (auch in der Schweiz und Deutschland, bis zum 48. Breitengrad), ist sehr klein – durchdringt die Maschenweite der gängigen Moskitonetze – fliegt fast geräuschlos und überträgt mit dem Stich L. infantum. Die Inkubationszeit – also die Zeit, bis die Krankheit ausbricht – kann zwischen 1 Monat und bis zu einigen Jahren liegen.
Die Erkrankung verläuft schubweise und mit unterschiedlichem Schweregrad, je nach Art der spezifischen Immunantwort. Infizierte Hunde ohne klinische Symptome haben eine zelluläre Immunantwort (Aktivierung von Th1-Lymphozyten, sogen. protective response), sind im Antikörpertest negativ oder borderline, während die klinisch erkrankten Hunde humorale Reaktionen (Aktivierung von Th2-Lymphozyten, non-protective) mit Antikörperproduktion durch B-Lymphozyten entwickeln. Hier ist der Krankheitsverlauf schwerwiegender. Auch ist die Genetik entscheidend; der Ibizahund ist resistent, Boxer, Rottweiler, Deutscher Schäferhund gelten als besonders empfänglich.
Oftmals geben charakteristische Hautveränderungen einen ersten Hinweis auf die Erkrankung. Die Symptome sind aber extrem variabel. Diese reichen von festhaftenden Asbestschuppen an Kopf, Ohren und Gliedmaßen, Ulzera über Knochenvorsprüngen, Nasenbluten (Epistaxis), beschleunigtem Krallenwachstum, Einreißen der Ohrränder, Depigmentierung des Nasenspiegels bis hin zu Augenerkrankungen. Die Leishmaniose wird dabei ihrem Ruf als großer Imitator gerecht. Mögliche Organschäden sind eine Glomerulonephritis mit der Gefahr, eine chronische Nierenerkrankung zu entwickeln, und Schäden im Knochenmark.
Die Diagnosestellung beruht auf den klinischen Symptomen, den Befunden sowie auf dem Nachweis einer Infektion mit L. infantum. Im Labor sind oftmals einige Parameter im Großen Blutbild, den biochemischen Parametern und im Urin direkt auffällig. Neben Verringerung der Erythrozyten- und /oder Leukozytenzahl, ist das Gesamteiweiß aufgrund der erhöhten Gammaglobuline trotz erniedrigtem Albumin erhöht. Dies gilt auch für die bedeutsamen Nierenparameter Kreatinin und Harnstoff, die beide i.d.R. erhöht sind. Untersucht man Urin, so ist der Eiweiß-Kreatinin-Quotient erhöht, weil die Niere „quasi durchlässig“ für Eiweiße wird und dieses somit verloren geht. Dadurch wird der Quotient – rein rechnerisch – größer.
Direkt nachweisbar sind die Erreger durch FNA (Feinnadelaspiration) aus den Lymphknoten und Knochenmark; auch kann die Real-Time-PCR (Polymerase Kettenreaktion) aus Blut/Knochenmark/Konjunktivalabstrich durchgeführt werden. Der indirekte Erregernachweis besteht im Nachweis von Antikörpern über die sogenannte Titerbestimmung mittels ELISA oder IFAT. Was man aber auf alle Fälle wissen sollte: Da die Leishmaniose oftmals mit Co-Infektionen wie Ehrlichiose einhergeht, sollte man im Labor ein komplettes Reiseprofil – angepasst an das jeweilige Herkunftsland – erstellen lassen.
Über die Behandlung mit leishmaniziden und leishmanistatischen sowie immunmodulierenden Chemotherapeutika kann an dieser Stelle nicht detailliert gesprochen werden – die Leishmaniose ist gegenwärtig nicht heilbar, der Erreger lässt sich nicht eliminieren. Die Therapie sollte sich jedoch, je nach klassifiziertem Stadium (Stage I-IV), an den LeishVet Guidelines (www.leishvet.org) orientieren. Hierbei wird für jedes klinische Stadium auf Basis von Serologie, Klinik und Laborbefunden Therapievorschläge und Prognosestellung gemacht. Zudem wird unterschieden, ob der Hund eine adäquate oder eingeschränkte Nierenfunktion aufweist.
Anfänglich genügt es, alle 3-4 Monate ein großes Blutbild, das biochemische Profil und die Erfassung des Urinstatus/Eiweißelektrophorese zu veranlassen. Dabei geht im Allgemeinen die langsame progressive Titerreduktion parallel zur klinischen Besserung. Danach genügt es, alle 6 Monate die relevanten Parameter zu kontrollieren.
Auch behandelte Tiere können Carrier bleiben, und es besteht Infektionsgefahr für andere Tiere/Menschen, falls sie erneut in endemische Gebiete verreisen. Daher gilt als vorbeugende Maßnahme:
Mein Erfahrungsbericht …
Soweit die harten Fakten der Theorie – zu sagen bleibt, dass auch ein an Leishmaniose erkrankter Hund selbst in einem Mehrhundehaushalt kein Hindernis darstellt. Mein erster Kontakt zu einer an Leishmaniose-erkrankten spanischen Sabueso-Hündin war 2012; sie hat uns in unserem Mehrhundehaushalt bis Ende vergangenen Jahres begleitet. Anhand klinischer Symptome, Serologie und Laborbefunde war „Runa“ dem Stadium 2 zuzuordnen mit guter bis vorsichtiger Prognose. Nach anfänglicher Therapie mit einem Leishmanizid, gefolgt von langer Gabe eines Leishmanistatikums und wiederholten immunmodulatorischen Behandlung in Kombination mit einer zu Beginn purinfreien Diät und späterem Wechsel zur Nierenschonkost, hatten wir viele unbeschwerte Jahre. Selbstverständlich erfolgte in regelmäßigen halbjährlichen Abständen eine komplette Blut- und Urinuntersuchung sowie eine quantitative Serologie.
Die Kastration der Hunde wurde atraumatisch, nämlich endoskopisch durchgeführt – es versteht sich von selbst, dass diese Hunde von der Zucht ausgeschlossen werden müssen. Die üblichen Auffrischimpfungen wurden bis in das 3-Jahres-Impfintervall hinausgezögert, und es auch nur dann geimpft, wenn nach vorangegangener Antikörperbestimmung eine Impfung überhaupt notwendig war. Cortisonbehandlungen wurden aufgrund der Immunsuppression vermieden.
Ebenso selbstverständlich war das ganzjährige Tragen eines geeigneten Abwehrhalsbandes, um „Runa“ gegen Insektenstiche und Zeckenbisse zu schützen. In Bezug auf die Prävention mit Impfung, Wahl des geeigneten Repellents, Verhalten im endemischen Gebiet, ist eine Beratung beim Tierarzt unerläßlich.
„Runa“ war eine perfekte Jagdhündin; trotz des Wissens, dass sie an Leishmaniose erkrankt war, gab es in unserem Haushalt keine Probleme damit, was aber auch umgekehrt bedeutete, dass alle anderen Hunde jährlich auf eine Infektion mit L. infantum getestet wurden und repellierende Halsbänder trugen.
Nach dieser intensiven Erfahrung zögerte ich keinen Augenblick lang, eine an Leishmaniose erkrankte Segugio-Maremmano-Mix-Hündin aus dem Tierschutz für immer zu übernehmen. Sie ist eine ebenso bemerkenswerte Hündin, die nach nun eine stete Verbesserung zeigt. Aber trotzdem Vorsicht: auch wenn sich anfänglich schnelle Therapieerfolge zeigen, muss man immer wieder mit Rückfällen rechnen, weil die Leishmaniose eine chronische Erkrankung ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu beigetragen haben, einen an Leishmaniose erkrankten Hund problemlos zu halten – sei es als Einzelhund als auch im Mehrhundehaushalt.
Zum tieferen Verständnis bitte auf die Seite gehen, von der ich einige Informationen übernommen habe: https://www.parasitosen.de/krankheiten/leishmaniose/ueberblick-leishmaniose
Und Neues zur Leishmaniose wurde von Frau Dr. Peters und Frau Dr. Wagner anlässlich der Dermatologie-Tagung 2019 „Von Kopf bis Fuß“ in Frankenthal berichtet.
Zudem noch lesenswert: Hintergrundinformation zur Leishmaniose https://www.bft-online.de/kleintiergesundheit/2013/leishmaniose/hintergrundinformationen-leishmaniose/, Bundesverband für Tiergesundheit e.V.